Johannes-Passion 1780 BR‑CPEB Dp 7.2; H 793; Wq deest; TVWV 5:30 GND

sonst. Verzeichnisse
NV 1790, S. 60 [5];
AK 1805 Nr. 52;
Kat. Zelter 1832, C I 322 / 889
Gattung
Passion
Bestimmung
Passionszeit
Besetzung
S*, A*, T*, B*, S, A, T, B; 2 Cr, 2 Ob, 2 Fag, 2 Vl, Va, Bc
Eintrag im gedruckten WerkverzeichnisPDF Noten

Entstehungszeit, Werkgeschichte
1779/80 (laut Nachlass-Verzeichnis 1790)
Grundlage für die Passion von 1780 war, wie für die Johannes-Passion von 1772 (BR-CPEB Dp 7.1), die Johannes-Passion G. P. Telemanns (TVWV 5:30) von 1745, die 1746/47 gedruckt wurde. 1776 war hingegen eine im Wesentlichen der Johannes-Passion von Homilius HoWV I.4 folgende Passion (→ BR-CPEB Dp 9) aufgeführt worden.
C. P. E. Bach hatte sich im Vorfeld der Aufführung von 1772 eine Abschrift des Passionsberichtes und der Choräle der Passion Telemanns anfertigen lassen, die er als Grundstock für die weiteren Johannes-Passionen (außer BR-CPEB Dp 9) verwendete (→ BR-CPEB Dp 7.1–4).
Die Arien und nicht zum Passionsbericht gehörenden Chöre hat C. P. E. Bach – wie stets – auch für die Passion 1780 neu zusammengestellt – mit einer Ausnahme: Satz 17 beruht auf derselben Parodievorlage wie die 1772 (Satz 15) an dieser Stelle im Evangelistenbericht eingefügte Arie, nämlich: „Mensch, empfinde doch Erbarmen“ aus der Markus-Passion von Homilius HoWV I.10/3; in beiden Passionen C. P. E. Bachs ist die Arie von c-Moll nach h-Moll transponiert und jeweils mit einem neuen Text versehen worden. Während 1772 C. P. E. Bach die Arie in voller Länge übernimmt, ist sie 1780 auf den A-Teil beschränkt. Drei der verbleibenden Arien gehen auf Kantaten Bendas zurück; zwei (Satz 6 und 10) stammen aus der Kantate „Welch ein jammervolles Klagen“ (Lor 516) zum Sonntag nach Neujahr, dort Satz 3 und 5, eine weitere (Satz 21) der Kantate „Der Engel Gottes heilige Menge“ (Lor 564) zum 3. Sonntag nach Trinitatis, dort Satz 3. Alle drei Arien wurden von C. P. E. Bach parodiert, teilweise gekürzt und umbesetzt. Die Arie Satz 13 entnahm C. P. E. Bach einer italienischen weltlichen Kantate von J. G. Graun („Tirsi, povero tirsi“ GraunWV A:III:4, dort Satz 2). Das dieser Arie vorausgehende Accompagnement wurde wahrscheinlich von C. P. E. Bach neu komponiert. Der vorletzte Satz, ein Choral mit obligaten Instrumenten zur Melodie „Wie schön leuchtet der Morgenstern“, entstammt der Johannes-Passion von G. A. Homilius HoWV I.4 (dort Satz 18).
Die Aufführungen an den Passionssonntagen fanden nach einem lange etablierten Rhythmus in den Hauptkirchen Hamburgs statt. Weitere Aufführungen an Werktagen können ferner in den Nebenkirchen angenommen werden.
Historische Aufführungen
, Hamburg, St. Petri (Link zum Ereignis)
, Hamburg, St. Nicolai (Link zum Ereignis)
, Hamburg, St. Katharinen (Link zum Ereignis)
, Hamburg, St. Jacobi (Link zum Ereignis)
, Hamburg, St. Michaelis (Link zum Ereignis)
Werkrelation:
ist Revision von BR-CPEB Dp 7.1 / H 785 / Wq deest
ist Arrangement von BR-CPEB H 1/14 / H 686.14 / Wq 194.14
Bemerkungen
Pasticcio aus Kompositionen von C. P. E. Bach, G. A. Benda, J. G. Graun, G. A. Homilius und G. P. Telemann (TVWV 5:30), aufbauend auf der Johannes-Passion 1772 (BR‑CPEB Dp 7.1).
Entlehnungen:
1. Satz 1 und 26: Choral „Erkenne mich, mein Hüter“ aus der Markus-Passion (BR-CPEB Df 5.1, Satz 15 und 30); Ausgangskomposition → J. G. Graun, „Herr, leite mich in deiner Wahrheit“, GraunWV Av:IX:3/8
2. Satz 2: Chor „Erforsche mich, erfahr mein Herz“ aus der Matthäus-Passion 1777 (BR-CPEB Dp 4.3, Satz 2); Ausgangskomposition → BR-CPEB H 1/14
3. Satz 3–5, 7–9, 11, 14–16, 18, 20, 22–24: G. P. Telemann: Johannes-Passion 1745, TVWV 5:30
4. Satz 6 und 10: G. A. Benda, Arien „Trag ihn über Tal und Hügel“ und „Wird noch dein Arm in Wettern“ aus der Kantate „Welch ein jammervolles Klagen“ (Lor 516, dort Satz 3 und 5); Satz 6: parodiert, Ob hinzugefügt; Satz 10: parodiert, ohne B-Teil und Dacapo, A-Teil um 4 Takte verlängert
5. Satz 13: J. G. Graun, Arie „Più che t’afflige“ aus der Kantate „Tirsi, povero Tirsi“ GraunWV A:III:4: parodiert, textbedingte leichte Veränderungen in Vokalstimme, ohne B-Teil und Dacapo
6. Satz 17: G. A. Homilius, Arie „Mensch, empfinde doch Erbarmen“ aus der Markus-Passion HoWV I.10; Übernahme wohl indirekt über die Johannes-Passion 1772 (BR-CPEB Dp 7.1)
7. Satz 21: G. A. Benda, Arie „O Majestät voll Güt und Liebe“ aus der Kantate „Der Engel Gottes heilige Menge“ (Lor 564, dort Satz 3): parodiert, Ob hinzugefügt
8. Satz 25: G. A. Homilius, Choral mit obligaten Instrumenten „Gloria sei dir gesungen“ aus der Johannes-Passion HoWV I.4 (dort Satz 18).

Es sind keine Namen von Sängern der Aufführungen von 1780 überliefert.

Text des Vokalwerks
1. Passionsbericht
Satz 3, 5, 7, 9, 11, 14, 16, 18, 20, 22, 24: Jh 18,1–19.42
2. Choräle
Satz 1: P. Gerhardt, „Ist Gott für mich, so trete“, Strophe 5;
Satz 4: S. Rodigast, „Was Gott tut, das ist wohl getan“, Strophe 3 und 5;
Satz 8: J. Heermann, „Herzliebster Jesu“, Strophe 1;
Satz 15, 26: P. Gerhardt, „O Haupt voll Blut und Wunden“, Strophe 4, 8;
Satz 19: P. Gerhardt, „Hör an, mein Herz, die sieben Wort“, Strophe 5;
Satz 23: P. Gerhardt, „Ich grüße dich, du frömmster Mann“, Strophe 5;
Satz 25: B. Münter, „Wer ist’s der Himmelslicht verklärt“ (aus: „Münters Geistliche Lieder“, Kopenhagen 1772), Strophe 7
3. Übrige Sätze
Satz 6, 10 und 21: Balthasar Münter (1735–1793), „Geistliche Cantaten von Balthasar Münter“, Göttingen und Gotha 1769, VIII. „Eintracht der Christen“, Satz 5 (S. 29); VI. „Der Tod Stephani“; Satz 3 (S. 20); XVIII. „Die Gottheit Jesu“, Satz 1 (S. 66);
Satz 2, 13 und 17: unbekannt.
Link zum Text

Weitere Quellen
D-Bsa SA 27 [Stimme/Stimmen]

Edition
Literatur
Miesner 1929, S. 66
Clark 1984, S. 110
Wolf 2006, S. 221
Enßlin/Rimek 2010
Wolf 2010a, S. 413f.
Enßlin 2011, S. 61, 69, 75

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03.12.2021 - 15:30:04